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Geschichte des Nationalgestüts Babolna

 

Königreich Ungarn vor der Donaumonarchie

1268

Die Region Bábolna – Pußta ist erstmalig urkundlich erwähnt und bezeichnet einen Landstrich, der als Zwischenrast für den Viehtrieb der Ungarischen Steppenrinder von den ungarischen Tiefebenen nach Wien und weiter nach Regensburg genutzt wurde.

1789

Ein überwiegend durch Kriege hervorgebrachter Mangel an Pferden für das Militär und die Landwirtschaft, sowie die teils schlechte Qualität der bis dahin wild herangezogenen Remonten, war, wie schon bei den Gestüten Radautz und Mezöhegyes, der Auslöser für den Beschluss von Joseph, der 1789 auf Gesuch von József Csekonics, damals Gestütsleiter von Mezöhegyes, die Ländereien von Graf Szapáry für 450.000 Goldstücke für die Gründung eines weiteren Gestüts erwarb.

Der Grundstock der Gestütspferde war vorerst eine bunte Mischung von Stuten unterschiedlichster Rassen: Arabische Vollblüter, Lipizzaner, Andalusier, Moldavier, Siebenbürger, weitere Landpferderassen.

Ursache für die Vielfalt der Rassen in der Anfangszeit Bábolnas war die Nutzung des Gestüts als Quarantänestation für, im Ausland angekaufte Pferde, für das Gestüt Mezöhegyes. Einen Hang zu orientalischen Rassen ist in Bábolna jedoch bereits von Anfang an zu verzeichnen und rührt vermutlich daher, dass Ungarn lange Zeit unter türkischer Herrschaft stand.

1809

napoleonischen Truppen brennen bei der Schlacht von Gy?r das Anwesen nieder; dabei gab es aber kein Opfer, weil bereits tags davor ein Reiterloses Pferd eine Nachricht überbrachte, sodass das Gestüt rechtzeitig evakuiert werden konnte.

1810 -1820

Wiederaufbau des Anwesens

1816

Erlass der Gestütsoberdirektion aus Wien, die zum Inhalt hatte, dass die Stuten von Bábolna ab sofort nur noch von arabischen Hengsten zu decken seien. Das Jahr 1816 wird daher auch als Geburtsjahr der Rasse des Shagya – Arabers definiert, welche jedoch bis 1978 noch unter dem Namen Araberrasse geführt wurde. Die Ausrichtung auf arabische Pferde wundert nicht, wenn man bedenkt, dass diese Rasse im beginnenden 19. Jahrhundert beim Adel sehr beliebt war und zahlreiche, kostspielige Expeditionen unternommen wurden, um Originalaraber aus den Ursprungsgebieten zu erwerben.

Seit Aufnahme der Gestütstätigkeit wurde auch in Bábolna akribisch über den Pferdebestand Buch geführt. Die beiden ersten, aus dem Orient von Baron von Fechting importierten Pferde, waren der Hengst Gidran, der im Gestüt Mezöhegyes aufgestallt wurde und die Stute Tifle, die in Bábolna untergebracht war. Der Hengst Gidran I aus dieser Anpaarung wurde Hauptbeschäler in Bábolna und blieb dort für zehn Jahre im Deckeinsatz.

1836

Nach einigen Rückschlägen durch die Kreuzungszucht mit Hengsten spanischen Blutes und Englischen Vollblütern verlangte die Gestütsoberdirektion erneut die konsequente Ausrichtung auf Arabische Pferde. In Folge dessen unternahm der damalige Gestütskommandant Major Freiherr Eduard von Herbert persönlich eine Expedition nach Syrien in die Umgebung von Damaskus und erwarb dort von Beduinenstämmen fünf Zuchtstuten und neun Hengste. Einer der Hengste war Shagya, den Freiherr von Herbert dem Stamm der Beni Sakhr sechsjährig abkaufte und der 1978 der Namensgeber der Rasse des Shagya-Arabers wurde. Shagya wurde beschrieben als geäpfelter Honigschimmel und entsprach in jeder Hinsicht dem Zuchtideal Bábolnas für den Shagya-Araber, dass auf großrahmiges Exterieur, einen edlen Typ und große Ausdauerleistung abzielte, da die Rasse als Reit- und Fahrpferde gezüchtet werden sollte. Die neue Strategie erwies sich nachhaltig als positiv und so folgten weitere Expeditionen nach Ägypten und Syrien zum Zweck des Imports weiterer Originalaraber für die Zucht Bábolnas. Binnen kurzer Zeit wurden somit vier Linienbegründer des Shagya-Arabers in Bábolna aufgestallt: Gidran, El Bedavi, Shagya, Dahoman.

1857 -1860

Oberst Ritter Rudolf von Brudermann besetzt die Position des Gestütskommandanten. Von Brudermann hatte für das Gestüt aus einer Expedition in die Ursprungszuchtgebiete des arabischen Pferdes eine größere Anzahl Hengste, Stuten und Fohlen erworben und damit einen wesentlichen Beitrag für den Ausbau der Zucht mit Originalarabern geleistet. Während seiner Amtszeit erreichte von Brudermann weitere, nachhaltige Verbesserungen in der Zucht Bábolnas durch die Anweisung der Reinzucht bei den Arabischen Vollblütern und der Araberrasse (später Shagya-Araber), sowie der ausschließlichen Verwendung leistungsgeprüfter Hengste und Stuten. Gemeinsam mit von Brudermann und den Pferden der Expedition der Jahre 1856/57 bezog ein Beduinenjunge aus Syrien sein neues Quartier auf dem Gestüt. Sein Name war Nagle (später Mihály Fadlallah el Hedad) und er wurde später zum Kommandanten des Gestüts Bábolna ernannt und führte eigene Expeditionen in den Orient zum Ankauf von Pferden durch.

k.u.k Monarchie

1867

Mit dem Österreichisch-Ungarischen Ausgleich 1867 erhielt Bábolna den Status eines königlich ungarischen Staatsgestüts.

1900

Der bis dahin nur auf regionaler Ebene bekannte Shagya-Araber erlangte internationale Anerkennung und Nachfrage. In diesem Jahr wurde auf der Weltausstellung in Paris der Hengst Koheilan I, ein Sohn des Originalarabers und weiteren Linienbegründers Koheilan, der von einer Expedition durch Fadlallah el Hedad für Bábolna erworben wurde, als bester Halbbluthengst prämiert. Binnen kurzer Zeit avancierte Bábolna durch diesen Erfolgt zu einem der bedeutendsten Arabergestüte Europas.

In dem Gestüt in Radautz in den Ostkarpaten im heutigen Rumänien wurden ebenfalls Shagya-Araber gezüchtet und es fand ein Austausch von Zuchttieren zwischen den Gestüten statt. In Radautz waren die Aufzuchtbedingungen geographisch bedingt rauer. Eine Gestütsinspektion brachte jedoch hervor, dass von den damals 1.600 in Radautz stationierten Pferden lediglich 13 erkrank waren. Weitere Vergleiche ergaben, dass die Shagya-Araber aus Radautz größer, kräftiger und sportbetonter waren als jene aus Bábolna.

Erster Weltkrieg

1914

Mit Ausbruch des Ersten Weltkrieges wurde der Pferdebestand von Bábolna evakuiert. Eine vollständige Umsiedlung war jedoch nicht möglich, man musste die hochträchtigen Stuten und jene, welche kürzlich abgefohlt hatten zurücklassen.

1919

das Gestüt wird von rumänischen Truppen besetzt und die zurückgelassenen Tiere gingen als Kriegsbeute verloren.

1929

Mit diesen erbeuteten Pferden gründete Rumänien das Gestüt Mangalia am Schwarzen Meer wo auch heute noch, mittlerweile unterstützt durch Ungarn, eine Zucht der Bábolnaer Araber betrieben wird. In Bábolna konnte man die, durch die im Krieg verlorenen Pferde entstandene Lücke im Bestand jedoch wieder ausgleichen. 1914 wurde auch der Bestand von Radautz evakuiert. Ein Teil der Tiere wurde an das Gestüt Topolcianky überstellt, womit dort der Grundstock für eine eigene Shagya-Araber Zucht geschaffen wurde, ein anderer Teil wurde an den Grafen Esterházy verkauft.

1936

Dieser verkaufte die Pferde wieder an Bábolna und so kam es zu einem späten Ausgleich der Kriegsverluste.

Republik Ungarn

Zwischen den Weltkriegen

Tibor von Pettkó-Szandtner, der seine Ausbildung in der ältesten landwirtschaftlichen Hochschule, dem Georgikon erhielt, übernimmt die Gestütsleitung und setzte – selbst ein begeisterter Fahrer und Begründer der modernen Gespannführung – durch Turniere im In- und Ausland mit Erfolg auf die Präsentation der Rasse der Shagya-Araber. Durch seinen züchterischen Einsatz wurde die Rasse weiter konsolidiert und einst verlorenen Hengstlinien wieder in Ungarn etabliert. Von Pettkó-Szandtner sorgte mit seiner Strategie nachhaltig für eine internationale Anerkennung des Gestüts Bábolna und seinen Pferden. Er wurde nach dem Zweiten Weltkrieg Leiter des königlichen Gestüts in Ägypten.

Zweiter Weltkrieg

1939

Der Ausbruch des Zweiten Weltkrieges führte jedoch schon bald erneut zu einer Bedrohung Bábolnas. Von Pettkó-Szandtner organisierte die zweite Evakuierung des Gestüts – diesmal wurde jedoch der komplette Bestand umgezogen – und rettete so die Bábolnaer Pferde vor den sowjetischen Besetzern. Die Evakuierung führte die Pferde nach Deutschland, wo sie später in die Hände der amerikanischen Besatzer fielen und durch Zwangsversteigerungen in alle Winde verstreut wurden.

Lediglich 200 Shagya-Araber konnten für das Gestüt gerettet werden und wurden wieder nach Bábolna verbracht. Einige Stuten dieser Rückkehrer waren tragend von Hengsten, die aus Deutschland in andere Länder exportiert wurden und trugen somit ungeborenes Leben von Hengstlinien, die vom Aussterben bedroht waren.

1945 bis heute

Nach 1945

Auch nach dem Weltkrieg waren die Zeiten für Bábolna alles andere als rosig. Die Regierung hegte wenig kulturelles Interesse an dem Gestüt und der Shagya-Araber Rasse und unterwarf das Gestüt konsequent einem wirtschaftlichen Gedanken. Zuerst war der Bedarf des Marktes mit schweren Pferden für die Landwirtschaft zu decken, später, nach dem Einzug der Mechanisierung, brach die Nachfrage nach Pferden fast völlig zusammen.

1966

Man behalf sich in Bábolna mit dem Export wertvoller Zuchttiere zumeist nach Deutschland und Dänemark

1968

und erst jetzt konnte man sich erneut den Luxus leisten, Originalaraber aus dem Staatsgestüt El Zahraa in Kairo zu erwerben.

1983

Gründung eines Zusammenschlusses von Shagya-Züchtern aus den Ländern Deutschland, Dänemark, Österreich und der Schweiz die Internationale Shagya-Araber-Gesellschaft (ISG), die sich dem Erhalt und der Förderung der Rasse verschrieben hat. Die ISG umfasst mittlerweile ca. 16 Länder in Europa und Übersee und trat durch ihr Wirken auch für einen Aufschwung der Shagya-Araber an ihrer Geburtsstätte in Bábolna ein.

2001

Gründung, der zu 100 % im Staatsbesitz befindlichen Nationalgestüt Bábolna GmbH die Aufgaben der bisherigen Bábolna AG zweigeteilt. Die Erhaltung der Pferdezucht und des Gestüts mit seinem, zum nationalen kulturellen Erbe gehörenden Schlosskomplex, wurden Aufgaben der neuen GmbH, die Wirtschaftszweige Geflügelzucht und Lebensmittelindustrie verblieben in der AG.

Die Bestrebungen zu einer Privatisierung des Gestüts seitens der Regierung, verbunden mit dem Gedanken der Wirtschaftlichkeit, aber leider auch mit einer Gefahr für das Kulturgut der historischen Gebäude des Gestüts und der Rasse des Shagya-Arabers, halten weiterhin an.


Stand: 1. January 2011

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